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Vertrauen aufbauen

An sechs Tagen in der Woche sind die  „Kaffee & Knifte“-Teams von bodo in den Innenstädten von Dortmund Bochum unterwegs und versorgen Menschen, deren Lebensmittelpunkt die Straße ist, mit dem Nötigsten. Zweimal pro Woche sind Regina und Dennis auf Tour. Die pensionierte Ärztin begleitet die Touren ehrenamtlich, der ehemalige bodo-Verkäufer ist seit November als Stadtführer und Mitarbeiter in der Dortmunder Anlaufstelle für Wohnungslose fest angestellt bei bodo.

Von Sebastian Sellhorst

Morgens um zehn treffen sich Dennis und Regina, um die gemeinsame Tour vorzubereiten. In der bodo-Anlaufstelle in der Schwanenstraße wird der umgebaute Postwagen mit allem bepackt, was die beiden für ihre Tour brauchen: Kaffee und Tee, frisches Obst, Getränke und Hygieneartikel. Suppen und 5-Minuten-Terrinen gehen bei den kalten Temperaturen besonders gut. „Eigentlich alles, was dir auf der Straße hilft“, erzählt Regina, während sie Butterbrote mit Wurst und Käse belegt und in kleine Tüten packt.

In eine große Tasche packt Dennis Mützen, Handschuhe, Isomatten und Schlafsäcke „Meist sind die sehr schnell weg“, sagt Dennis. „Gerade im Winter ist nach ein paar Nächten alles, was du bei dir hast, klamm und wird nie wieder richtig trocken. Du kannst deinen Schlafsack ja nicht morgens über die Heizung hängen.“ An was es einem ohne Wohnung am meisten fehlt, weiß Dennis sehr genau. Zwei Jahre hat der 29-Jährige selbst auf der Straße gelebt.

Kurz vor elf ist der Wagen gepackt und es geht los. Keine hundert Meter Richtung Innenstadt treffen wir auf die ersten Abnehmer. Zwei Tomatensuppen und zwei FFP2-Masken werden wir los. „Viele kennen uns schon und wissen genau, wann wir kommen. Haben einen Spruch parat, wenn wir mal ein bisschen später sind“, erzählt Dennis. Einige würden ihn noch von seiner Zeit auf der Straße kennen, aber die Fluktuation auf der Straße sei groß. „Du siehst ständig neue Gesichter kommen und alte verschwinden.“

Während wir den Westenhellweg entlanggehen und immer wieder anhalten, zeigt sich Regina besorgt über den Gesundheitszustand vieler Wohnungsloser, die wir antreffen. „Fast alle Leute haben Probleme mit Hauterkrankungen und Infektionen. Gerade da sind regelmäßige frische Kleidung, ein hohes Maß an Hygiene und eine kontinuierliche Pflege wichtig, aber leider ohne Dach über dem Kopf nur schwer zu realisieren.“ Auf der Straße könne man erst mal nicht viel machen außer den Leuten eine Salbe zu geben und Vertrauen aufzubauen. „Wenn wir Leute von unseren Touren dann nach ein paar Wochen auch an der Anlaufstelle oder in meiner Sprechstunde sehen, ist das schon ein toller Erfolg.“

Gut 30 Leute haben wir zum Ende der zweistündigen Tour angetroffen. „Man merkt jeden Tag, dass die Leute frustrierter werden“, resümiert Dennis, während er den jetzt sehr viel leichteren Wagen vor sich her schiebt. „Die Stimmung auf der Straße wird schlechter. Ämtertermine oder andere Bürokratie, die für viele so schon einen Riesenhürde darstellen, sind durch Corona noch komplizierter geworden, und viele glauben mittlerweile gar nicht mehr daran, dass sich an ihrer Situation noch mal etwas ändert. Da bin ich froh, wenn ich für den ein oder anderen, der mich vielleicht noch kennt, ein Beispiel seien kann, dass es auch wieder bergauf gehen kann.“