Eine Frage, Dr. Kai Rawe:
Wie alt ist Bochum eigentlich wirklich?
Kaum eine Stadt, die nicht bereits ihr Bestehen mit einem großen runden Jubiläum gefeiert hat. Dieses Jahr ist Bochum an der Reihe. 700 Jahre werden mit vielen unterschiedlichen Veranstaltungen und Aktionen begangen. Aber es ist nicht so, dass vor 700 Jahren auf einer leeren Wiese plötzlich Bochum auftauchte. Doch was ist vor 700 Jahren passiert ‑ und wie alt ist Bochum eigentlich wirklich?

„Wenn wir heute den Begriff ‚Stadt‘ hören, dann kommen uns vielleicht Dinge wie Rathaus, Stadtrat oder Bürgermeister in den Sinn. Diese Dinge haben mit einer Stadt vor 700 Jahren allerdings nicht viel zu tun“, erklärt Dr. Kai Rawe, Leiter des Stadtarchiv Bochum. Auch wird niemand vor 700 Jahren einfach gesagt haben, wir gründen jetzt eine Stadt. Daher sei es oft sehr schwierig zu sagen, ab wann eine Stadt eine richtige Stadt war, besonders, weil die Quellenlage oft nicht die beste sei. Als Historiker hat Kai Rawe nur die Möglichkeit, rückblickend auf die Stadtgeschichte zu schauen und zu rekonstruieren, wann welche entscheidenden Schritte im Stadtwerdungsprozess gemacht wurden. Und einer dieser Schritte liegt in Bochum nun eben 700 Jahre zurück.
Am 8. Juni 1321 nämlich wurden Bochum auf Burg Blankenstein die erweiterten Handlungs-, Selbstbestimmungs- und Marktrechte verliehen. Belegt wird das Ganze durch eine Urkunde, die noch heute erhalten im Stadtarchiv archiviert ist. In dieser Urkunde wurden Dinge wie die Kontrolle von Maßeinheiten, das Erbrecht und das Schultheißen geregelt. „Was jetzt vielleicht etwas unspektakulär klingt, war damals ein wichtiger Schritt, damit Bochum weiter wachsen konnte“, so Dr. Rawe. Natürlich gäbe es auch noch viele andere wichtige Daten, derer man gedenken könnte, zum Beispiel 1461 dem ersten belegbaren Rathaus in Bochum oder dem Wiederaufbau der Stadt 1517 nach einem Großfeuer. „Wir könnten“, sagt der Stadtarchivar mit einem Augenzwinkern, „auch guten Gewissens 6.500 Jahre Jubiläum feiern. So alt sind nämlich archäologische Reste eines jungsteinzeitlichen Langhauses, die in den 1950er Jahren in Bochum-Hiltrop ergraben worden sind und die zu den ältesten Siedlungsspuren in Bochum zählen.“